Der Zweite Irakkrieg vom 20.03.2003 bis zum
offiziellen Ende am 01.05.2003
Am Anfang standen die Resolutionen
Die USA, Großbritannien und Australien legitimierten den Krieg mit der Resolution 687 (3. April 1991) des UNO-Sicherheitsrats. Die dort verabschiedeten
Auflagen seien Grundlage des Waffenstillstandsabkommens mit dem Irak von 1991 gewesen. Der Irak habe sich nicht an diese Auflagen gehalten, dem Waffenstillstand sei damit die Grundlage entzogen und die
Kampfhandlungen könnten wieder aufgenommen werden. Zudem berufen sich die USA auf die Resolution 1441, die "ernsthafte Konsequenzen" im Falle einer Nichtabrüstung des Iraks androht. Die Auslegung des
Begriffs "ernsthafte Konsequenzen" war umstritten. Die Resolution 678 von 1990, durch die der Zweite Golfkrieg legitimiert wurde, erlaubte dagegen den Einsatz von "allen erforderlichen Mitteln",
beschränkte sich allerdings ausschließlich auf die Befreiung Kuwaits, und erlaubte den Einsatz von Gewalt nur unter Zustimmung des UNO-Sicherheitsrats.
Einige Staaten und Völkerrechtler gehen davon aus, dass die beiden Resolutionen jedoch keine geeignete Rechtsgrundlage seien und die Kriegshandlungen somit
völkerrechtswidrig.
Die Resolution 1441 (8. November 2002) war das Ergebnis intensiver diplomatischer Bemühungen von Kriegsbeförwortern und -gegnern, und so gehalten, dass jede
Seite ihre Sichtweise (Angriffsgenehmigung oder nicht) herauslesen konnte. Insofern ist eine völkerrechtliche Diskussion über die Legitimation des Krieges eher müßig, da sich die Völkergemeinschaft weder zu einem
klaren Nein noch einem klaren Ja durchringen konnte. Der Entschluss zum Krieg soll bereits im Frühling 2002 gefallen sein, wie der langjährige Chefanalyst des CIA, Ray McGovern, am 12. Februar 2004 in der
Süddeutschen Zeitung angibt. Selbst im Vietnamkrieg sei nicht so "absolut skrupellos" vorgegangen worden.
Der Krieg ist das erste Beipiel einer neuen Sicherheits-Doktrin der USA, die Präventivkriege als Verteidigung ansieht. Diese Sichtweise ist durch die
UN-Charta in keiner Weise legitimiert. Präventivkriege verstoßen gegen Art. 7 der UN-Charta, die Gewalt als legitimes Mittel zwischen Staaten ausschließt und das Gewaltmonopol beim Sicherheitsrat verankert. Die
USA agieren daher nach eigener offizieller Darstellung auf Basis der Resolutionen 687 und 1441 und bezeichnen ihren Angriff als "Abrüstung" des Iraks. Von Kriegsgegnern wird die Aneignung irakischer
Ressourcen durch einen Regimewechsel im Irak, als eigentlicher Kriegsgrund gesehen. Die amerikanische Regierung bestreitet dies. Ein solches Vorgehen wäre völkerrechtswidrig. Von manchen Kriegsbefürwortern wird das
Ziel, die Beseitigung des Hussein-Regimes und damit die Beendigung von ethnischer Verfolgung, Völkermord, Folter und grauenvoller Diktatur, als wichtiger Kriegsgrund genannt. So wird der Krieg gegen Serbien, in der die Bundesrepublik Deutschland sich aktiv beteiligte, von vielen Menschen befürwortet trotz der Tatsache, dass auch dieser Krieg völkerrechtswidrig war. Auch dort wurde ethnischer Verfolgung und grauenvoller
Diktatur mit Gewalt beendet.
Es gibt Vermutungen, dass die amerikanische Regierung durch das Einsetzen einer pro-amerikanischen Regierung im Irak die Interessen der auch politisch äußerst
einflussreichen amerikanischen Erdölindustrie im Irak zu wahren sucht. Allerdings war die amerikanische Erdölindustrie im Irak bisher kaum vertreten. Russische (Yukos) und Französische (Elf-Aquitaine) Ölmultis
hatten jedoch Verträge mit Sadam Hussein abgeschlossen, in denen Eigentumsrechte an Erdölreserven des Iraks an diesen Firmen übertragen wurden. Damit war Irak das einzige arabische Land, das seit der Verstaatlichung
der Ölindustrie jemals Eigentum an Ölreserven an ausländische Firmen übertragen hatte. Vieles spricht deshalb dafür, das auch handfeste Interessen hinter der Haltung Frankreich und Russland zum Krieg standen.
Außerdem wird vermutet, das die Erdölversorgung und -unabhangigkeit der USA, dem größten Ölverbraucher der Welt, auf diese Weise gesichert werden soll, da die eigenen Reserven in absehbarer Zeit zur Neige gehen.
Der dritte Golfkrieg ist der erste Krieg der Menschheitsgeschichte, dem vor Ausbruch weltweite Protestdemonstrationen vorausgingen, an denen sich
Millionen von Menschen beteiligt haben.
Zahlen
Soldaten im Einsatz
- Alliierte: 300.000 Soldaten davon
- 255.000 US-Amerikaner
- 45.000 Briten
- 2.000 Australier
- Irak: 380.000
Tote
(bis zum erklärten Ende größerer Kampfhandlungen am 1. Mai 2003)
- Alliierte: 171 Soldaten davon
- 138 US-Amerikaner
- 33 Briten
- Irak (US-amerikanische Schätzung)
- mindestens 2.300 Soldaten
- unbestimmte Zahl an Zivilisten
- 10 Journalisten
Militärischer Ablauf
Der Krieg begann am 20. März mit gezielten Bombardements in Bagdad; Ziel war nach Angaben der Amerikaner ein Aufenthaltsort Saddam Husseins. Dies war jedoch
nur der "offizielle" Auftakt. Bereits vorher (im Grunde genommen seit Einrichtung der Flugverbotszonen) hatten die Amerikaner immer wieder gezielt Stellungen der Iraker aus der Luft angegriffen und
entsprechend geschwäch. Im Rahmen der Kriegsvorbereitungen waren ebenfalls bereits wenige Tage vor dem 17. März die Grenzzäune zwischen Kuwait und Irak an einigen Stellen durchbrochen worden.
Die Bodenbewegungen kamen etwa am 21. März in Gang. Von Kuwait aus überschritten amerikanische und britische Truppen die Grenzen zum Irak, zudem drangen in
Jordanien stationierte amerikanische Einheiten auf irakisches Gebiet vor. Dieser Einmarsch wurde von massiven Luftangriffen insbesondere auf das Regierungsviertel in Bagdad begleitet. Ziel dieser so genannten "Shock-And-Awe"-Kampagne
war einerseits die Zerschlagung der irakischen Kommunikations-Infrastruktur, andererseits die Demoralisierung der irakischen Truppen. In den ersten beiden Tagen drangen die Allierten etwa 200 km ins Landesinnere
ein.
Während der folgenden Tage sind fünf wesentliche Hauptschauplätze des Krieges auszumachen:
1) Die britischen Truppen konzentrierten sich im Süden des Iraks auf die Einnahme der Hafenstadt Um Kasr, der Sicherung der Ölquellen im Süden des Landes und
der Einkreisung und anschließenden Einnahme der Stadt Basra.
2) Die aus Jordanien vorgerückten Truppen Übernahmen die Sicherung zweier wesentlicher Flugplätze im Westen des Iraks, und dienten wohl auch dazu, eine
Pufferzone zwischen die vermuteten Massenvernichtungswaffen des Iraks und Israels zu legen.
3) Der Hauptteil der amerikanischen Armee stieß vom Süden aus entlang von Euphrat und Tigris in Richtung Bagdad vor. Insbesondere diesem Vormarsch wurden von
Seiten der Iraker massiver Widerstand entgegengesetzt.
4) Im Norden des Iraks wurden offenbar die Stellungen der Iraker an der Grenze zu den autonomen Kurdengebieten massiv aus der Luft unter Beschuss genommen.
Dort zogen sich die irakischen Truppen zunehmend zurück. In die freiwerdenden Räume rückten kurdische Truppen nach, die von Spezialeinheiten der Amerikaner und einigen Luftlandetruppen unterstützt wurden.
5) Die de facto seit Ende des zweiten Golfkrieges vorhandene Lufthoheit der Amerikaner wurde genutzt, um permanente Angriffe auf die großen Städte zu fliegen
sowie die Bodentruppen zu unterstützen.
Auf heftigsten Widerstand stießen diejenigen Truppen, die gegen Bagdad vorrückten. Dennoch brach der irakische Widerstand schnell zusammen. Basra wurde ca.
eine Woche lang von britischen Truppen eingekreist gehalten, dann rückten die Truppen am (ca.) 6. April in die Stadt ein, ohne auf wirklichen Widerstand zu stossen. Baghdad wurde durch die amerikanischen
Bodentruppen etwa am 3. April erreicht. Der Flughafen der Stadt wurde am 4. April eingenommen. Am 7. April rückten amerikanische Truppen erstmals ins Stadtzentrum vor. Obwohl zunüchst ein Häuserkampf befürchtet
worden war, fand dieser nicht statt; Bagdad war im Grunde eine offene Stadt. Am 9. April befand sich das Zentrum Bagdads unter der Kontolle der amerikanischen Streitkräfte.
Am 29. Mai 2003 erklärte der stellvertretende US-Verteidigungsminister Paul Wolfowitz im britischen Magazin Vanity Fair, dass die Frage irakischer
Massenvernichtungswaffen vor allem aus politischen Gründen für die Invasion genutzt wurde. Die Massenvernichtungswaffen Bagdads seien nie der wichtigste Kriegsgrund für die USA gewesen. »Aus bürokratischen Gründen«
habe sich die US-Regierung auf dieses Thema konzentriert, weil das ein Grund gewesen sei, dem jeder habe zustimmen können.
Die Koalition der Willigen
Insgesamt 45 Staaten unterstützen nach US- Angaben den Krieg gegen den Irak. 30
Länder hätten sich offen dazu bekannt, 15 hinter den Kulissen. Zu den Unterstützern zählt allerdings auch Japan, das den USA Nachkriegshilfe angeboten hat sowie die Türkei, die den USA den Truppenaufmarsch verwehrt
haben. Das Ausmaß der Hilfsangebote ist höchst unterschiedlich: Australien stellt 2 000 Soldaten, darunter Spezialeinheiten und Experten für ABC-Waffen. Dänemark will Marineeinheiten bereitstellen und ein bereits am
Golf befindliches U-Boot sowie eine Korvette einsetzen. Polen beteiligt sich mit rund 200 Spezialisten, die vor allem für die Logistik und die Unterstützung der Alliierten eingesetzt werden sollen. Auch Albanien
will den Krieg unterstützen - mit der Entsendung eines Militärkontingents von 30 bis 70 Soldaten. Spanien, unter José Marìa Aznar, hat 9000 Soldaten für „humanitäre Aufgaben“ in den Irak geschickt.
Aber die Koalition der Willigen bröckelt. So musste Dänemark auf Druck der
Bevölkerung sein militärischen Engagement reduzieren. Die unterstützenden Marineeinheiten wurde auf ein kleines U-Boot zusammengestrichen. In Polen führten Fotos, die polnische Soldaten bei Kämpfen in Umm Kasr
zeigen, einen Stimmungsumschwung herbei. Meinungsumfragen machten deutlich, dass nur 20 Prozent der Bevölkerung für eine Beteiligung eigener Truppen an den Kämpfen sind.
Die Unterstützer sind laut US-Außenministerium: Afghanistan, Albanien, Australien,
Aserbaidschan, Bulgarien, Kolumbien, Costa Rica, Tschechische Republik, Dänemark, Dominikanische Republik, El Salvador, Eritrea, Estland, Äthiopien, Georgien, Honduras, Ungarn, Island, Italien, Japan, Kuwait,
Lettland, Litauen, Mazedonien, Marshall-Inseln, Mikronesien, Mongolei, Niederlande, Nicaragua, Palau, Panama, Philippinen, Polen, Portugal, Rumänien, Ruanda, Singapur, Slowakei, Salomonen, Süd-Korea, Spanien,
Türkei, Uganda, Großbritannien und Usbekistan.
Nachkriegsirak
Jay Garner und seine mehreren hundert Mitarbeiter sollen in den nächsten Tagen die
Luxus-Ferienressorts an der Küste Kuweits verlassen und zunächst in der Hafenstadt Umm Kasr Quartier machen. Noch bevor Bagdad endgültig erobert ist, soll Ex-Generalleutnant Garner als General Tommy Franks
unterstellter "Koordinator der Zivilverwaltung" seine Arbeit aufnehmen. US-Vizekriegsminister Paul Wolfowitz hat den Zeitrahmen für das Übergangsregime angedeutet, etwa sechs Monate. Im Pentagon und im
State Department wird allerdings mit einer Besatzungszeit von zwei bis fünf Jahren gerechnet. Bislang ist Garner - ein alter Freund von Rumsfeld - Leiter der "Abteilung für Wiederaufbau und humanitäre
Hilfe" im Pentagon. Gleichzeitig arbeitet er in führender Position für die US-Waffenfirma SY Coleman, die auf Raketen spezialisiert ist, wie sie jetzt im Irak eingesetzt werden.
Für die Nachkriegsverwaltung des Irak steht bereits fest, wie einst im Osmanischen
Reich wird der Irak von den USA administrativ in drei Provinzen - Mossul, Bagdad und Basra - aufgeteilt. Zwei sollen von Ex-Generälen verwaltet werden, Bagdad von der Ex-US-Botschafterin im Jemen.
Aus Papieren des State Department, geht zudem hervor, dass die US-Verwalter die
staatliche Ölindustrie des Irak privatisieren wollen. Wer da sich die fettesten Stücke aus dem Kuchen schneiden wird, musste klar sein. Schönes Gerede war das, von BushBlair, das irakische Öl für das irakische Volk.
Selten hat sich die Welt so gut amüsiert. Danke TonyGeorge!
Um die Nominierung von 23 US-Verwaltern, die in Bagdad den existierenden
Ministerien vorstehen sollen, gibt es noch Gerangel. Dagegen, dass z.B. der Ex-CIA-Direktor James Woolsey just Chef des Informationsministeriums werden soll, hat das Weiße Haus Bedenken angemeldet, weil ihm
geheimdienstliche Fehlleistungen im Zusammenhang mit dem Anschlag von 1993 auf das World Trade Center in New York nachgesagt werden.
Während der Machtkampf zwischen Pentagon und State Department noch nicht
entschieden ist, steht eines schon fest, die US-Regierung wird den UN im Irak nur eine nachgeordnete Rolle bei der humanitären Hilfe einräumen.
Bei all dem Hickhack der Kriegsgewinnler über die besten Pfründe, den fettesten
Profit, drängt sich doch eine historische Parallele auf. Nachdem die britischen Truppen 1917 die Türken aus Bagdad vertrieben hatten, errichteten sie entgegen ihren Versprechungen gegenüber den Kurden, ein
Protektorat. Bald kam es jedoch zu bewaffneten Aufständen gegen das Kolonialregime.
Die britischen Besatzer bekämpften die Aufständigen indem sie Senfgas gegen sie
einsetzten. Doch trotz Einsatz solcher Mittel gewannen die Iraker schließlich den Kampf für ihre nationale Unabhängigkeit und Selbstbestimmung.
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